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Zu früh oder spät kann teuer werden: Patienten zur rechten Zeit aufklären

Erlangen/Stuttgart, Juli 2015 – Was heißt „rechtzeitige“ Aufklärung? Die falsche Antwort auf diese Frage kann für Ärzte rechtliche Folgen haben, zeigt ein aktueller Fall. Denn das Patientenrechtegesetz schreibt vor, dass sie Patienten vor einem Eingriff so frühzeitig informieren müssen, dass diese ihre Entscheidung für oder gegen die Operation „wohlüberlegt“ treffen können. Zugleich darf die Aufklärung nicht zu lange zurückliegen. In der Praxis gibt es deshalb immer wieder Unsicherheiten. Welche Rolle für den Aufklärungszeitpunkt der konkrete Einzelfall und der jeweilige Behandlungsverlauf spielen, erläutert Anwältin Dr. Kathrin Janke im neuen Newsletter von Thieme Compliance. Sie zieht dazu eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes heran.

Im verhandelten Fall ging es um ein Kind, das seit seiner Entbindung geistig und körperlich behindert ist. Die werdende Mutter litt unter anderem an Schwangerschaftsdiabetes und wurde mit vorzeitigen Wehen im Krankenhaus aufgenommen. „Angesichts der problematischen Situation, klärten die Ärzte sie bereits zu diesem Zeitpunkt über die Möglichkeit eines Kaiserschnittes auf; die Frau entschied sich für eine natürliche Geburt“, erläutert Juristin Janke. Nach einem vorzeitigen Blasensprung zwei Wochen später wurde unmittelbar die Geburt eingeleitet. Zunächst setzten die Ärzte auf eine vaginale Entbindung, entschieden wegen der sodann eintretenden Verschlechterung des Zustands des Kindes letztlich auf einen Notkaiserschnitt.

Das Kind leidet heute an schweren Behinderungen; in seinem Namen wurde gegen die Klinik Klage auf Entschädigung eingereicht. Die beiden ersten Instanzen gaben dieser statt, das Oberlandesgericht unter Hinweis auf Aufklärungsfehler. Der BGH folgte dem nicht und stellte fest, dass die Mutter bereits zu Beginn der Einlieferung ins Krankenhaus umfassend und rechtzeitig über die Möglichkeit eines Kaiserschnitts aufgeklärt worden sei. Eine relevante Änderung der ärztlichen Einschätzung hinsichtlich Chancen und Risiken der beiden Entbindungsmöglichkeiten habe sich seither nicht ergeben, so die Richter.

„Wenn sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht maßgeblich verändert hat, besteht keine erneute Aufklärungspflicht“, erklärt Medizinrechtsexpertin Dr. Janke. „Die BGH-Entscheidung verdeutlicht aber zugleich, wie wichtig es für Ärzte ist, den jeweiligen Einzelfall im Blick zu haben.

“In vergleichbaren Fällen sollten Ärzte vor einem Eingriff stets prüfen, ob sich das Krankheitsbild oder der Allgemeinzustand des Betroffenen seit dem Zeitpunkt der Patientenaufklärung stark verändert hat. Dann wäre eine neuerliche Aufklärung erforderlich – so rechtzeitig, dass der Patient das Für und Wider in Ruhe abwägen kann. Wie viel Zeit er dafür braucht, hängt auch von seiner individuellen Situation ab: von seinem Beruf, seinem Alter, Bildungsstand, dem persönlichen Umfeld und natürlich der Schwere des Eingriffs. „Eine Aufklärung am Tag der Operation beispielsweise ist in der Regel zu spät. Ein Tag oder noch besser ein paar Tage sollten schon dazwischenliegen“, empfiehlt Janke. „Der Nachweis, dass die Aufklärung umfassend, korrekt und rechtzeitig erfolgt ist, liegt stets beim Arzt“, fügt sie hinzu. „Deshalb ist es besonders wichtig, dass er die Aufklärung sorgfältig dokumentiert“.

 

Den vollständigen Kommentar von Rechtsanwältin Dr. Kathrin Janke zum BGH-Urteil finden Interessierte hier. Weitere Handlungsempfehlungen für Ärzte in Sachen Patientenaufklärung sind zudem verfügbar unter http://www.thieme-compliance.de/rechtliche-grundlagen/urteile-und-empfehlungen/.

 

 

Quellen:

Kommentar Dr. jur. Kathrin Janke, Rechtzeitigkeit der Aufklärung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, Newsletter Thieme Compliance vom August 2015. http://openjur.de/u/759318.html

 

Über Thieme Compliance:
Thieme Compliance ist mit mehr als 30 Jahren Markterfahrung ein führender Systemanbieter für medizinisch und juristisch fundierte Patientenaufklärung. Der Spezialist für prozessorientierte Lösungen bietet ein umfassendes Sortiment an Aufklärungsprodukten in allen gängigen Medien: Print- und Digitalprodukte, Filme sowie Durchschreibesätze. Damit steht Kliniken und Praxen eine breite Auswahl zur Verfügung, die sich individuell auf verschiedene Aufklärungssituationen anpassen lässt. Für höchste inhaltliche Qualität und Aktualität der Produkte sorgt ein Expertenteam von über 400 medizinischen Herausgebern, Autoren und Juristen. Höchste Qualitätsstandards dokumentiert das Erlanger Unternehmen auch mit den Zertifizierungen nach DIN EN ISO 13485 und DIN EN ISO 9001.

 

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