Therapie-Möglichkeiten für das Coronavirus (SARS-CoV-2)
Zusammengestellt und geprüft von S. Temizel, MPH, Fachärztin für Hygiene-
und Umweltmedizin, Augsburg
In diesem Kapitel stellen wir Ihnen verschiedene Ansätze vor, mit denen
die Akutmedizin und die medizinische Forschung die Symptome des Coronavirus (SARS-CoV-2)
bekämpfen und an Heilmitteln und Impfstoffen arbeiten.
Therapie-Möglichkeiten für das Coronavirus (SARS-CoV-2)
Nach aktuellem medizinischem Wissensstand stehen folgende
Therapie-Möglichkeiten für das Coronavirus (SARS-CoV-2) zur Verfügung:
- Bei milden Krankheitsverläufen: Eine symptomorientierte Therapie (z.B. bei
Bedarf fiebersenkende Medikamente, Inhalationen, etc.) ist in der Regel auch zu
Hause (ambulant) möglich. Circa 5 - 7 Tage nach Krankheitsbeginn sollte dann eine
erneute Bewertung stattfinden. Wenn die Symptome nicht rückläufig sind oder sich
sogar verschlechtern, kann eine Krankenhausbehandlung notwendig werden.
- Schwere Krankheitsverläufe werden stationär und bei Bedarf
intensivmedizinisch im Krankenhaus behandelt. Seit Ausbruch des
Infektionsgeschehens wurden viele Erfahrungen gesammelt, sodass einerseits
unterstützende Maßnahmen - beispielsweise eine „künstliche Lunge“ - für die
Erkrankten bereitstehen und andererseits die Ärzte und das multiprofessionelle
Team im Krankenhaus einer COVID-19 Erkrankung nicht machtlos gegenüberstehen.
Mittlerweile weiß man besser, wann und wie es sinnvoll ist, Medikamente zu geben,
um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.
- Medikamente in der Forschung:Bei der Therapie steht die Symptomlinderung
im Vordergrund. Für die Behandlung schwerer Verläufe von Infektionen mit dem
Coronavirus (SARS-CoV-2) wurde in der Europäischen Union der antivirale Wirkstoff
Remdesivir für bestimmte Patienten und Krankheitsverläufe zugelassen. und wird
breit angewandt. Auch eine Behandlung mit dem Kortisonpräparat Dexamethason zeigt
bei Patienten mit erhöhtem Sauerstoffbedarf eine Verbesserung des
Behandlungsergebnisses. Zusätzlich werden unterschiedliche Medikamente je nach
Erkrankungsstadium und Schwere angewandt – hier handelt es sich v.a. um
Antikörper-ähnliche Medikamente, die in Studien das Entzündungsgeschehen
unterdrücken und somit die schweren Krankheitsverläufe reduzieren – einige davon
sind auch in der EU für die Behandlung bestimmter Patientengruppen zugelassen.
Mittlerweile gibt es auch zwei Präparate, die in Tablettenform angeboten werden
und in den bisherigen Studien eine gute Wirksamkeit zeigen (Ziel: Vermeidung
schwerer Verläufe). Diese Medikamente bieten vor allem im ambulanten Bereich (also
außerhalb des Krankenhauses) und bei Personen, die Risikofaktoren für einen
schweren Krankheitsverlauf haben, eine gute Option. Die Forschung an neuen
Medikamenten und deren bester Einsatz ist weiterhin in vollem Gange. Man muss
sagen, dass die Therapieempfehlungen bei COVID-19 je nach Patientenklientel,
Erkrankungszeitpunkt, Symptomschwere und Risikokonstellation sehr unterschiedlich
sind. Die Ärztinnen und Ärzte der COVID-Stationen aller Deutschen Krankenhäuser
sind vernetzt und tauschen sich über die neuesten Erkenntnisse aus.
Interdisziplinäre Arbeitsgruppen aktualisieren regelmäßig die Therapieempfehlungen
anhand der aktuellsten Studien.
- Blutverdünnende Medikamente: Der Einsatz von blutverdünnenden Medikamenten
zur Vorbeugung von Blutgerinnseln und somit auch Folgeerkrankungen, wie zum
Beispiel Schlaganfällen durch thrombembolische Ereignisse wird mittlerweile bei
den meisten hospitalisierten Patienten angewandt.
- Rekonvaleszenten-Serum: In individuellen Fällen wurde eine Therapie mit
Blutbestandteilen genesener COVID-19 – Erkrankter (Rekonvaleszenten-Serum)
versucht. Die Idee dahinter ist nicht neu: Wer eine Erkrankung überstanden hat,
hat im Blut Immunzellen. Wenn man diese auf einen akut Erkrankten überträgt, kann
auch diesem unter Umständen geholfen werden. Angewandt wurde diese Methode bereits
bei anderen Virusinfektionen, wie zum Beispiel bei Ebola. Bei den erzielten
Fortschritten bei anderen und neuen Präparaten wird dieser Ansatz mittlerweile nur
noch in Einzelfällen angewandt.
- Passive Immunisierung: Eine weitere therapeutische Option bietet die sog.
passive Immunisierung mit neutralisierenden, monoklonalen Antikörpern gegen das
Spike-Protein des SARS-CoV-2. Passive Immunisierung bedeutet, dass dem Körper
„fertige“ Antikörper zugeführt werden, die direkt das Virus angreifen können. Der
Nachteil: sind die Antikörper „verbraucht“ oder sterben ab, bleibt keine Immunität
zurück. Zusätzlich wirken diese Antikörper am besten, bevor schwere Symptome
auftreten. Dieses Medikament ist in der EU für bestimme Patientengruppen
zugelassen und wird bei diesen aber auch bei anderen Risikopatienten (off-label
use) an vielen großen Kliniken angewandt. Keine Therapiemöglichkeit ist
hingegen die aktive Immunisierung (siehe Kapitel
Impfungen), die dem körpereigenen Immunsystem beibringt, selbst Antikörper
zu bilden – dies bietet einen langanhaltenden und sichereren Schutz.
- Behandlung anderer Infektionen: Das Immunsystem von COVID-19 Kranken ist
mit dem Virus stark beansprucht. So fällt es anderen Infektionserregern leichter,
sich ebenfalls auszubreiten. Viele COVID-19 Erkrankte haben zusätzlich auch
Infektionen durch Bakterien oder Pilze. Solche Infektionen früh zu erkennen und zu
behandeln, ist eine wichtige Maßnahme in der Behandlung der Patienten, hierfür
stehen bekannte Medikamente wie beispielsweise Antibiotika zur Verfügung.
- Medikamente, für die bisher kein Nutzen nachgewiesen werden konnte:
Natürlicherweise werden bei einer Pandemie mit einem neuen Erreger alle möglichen
Therapieoptionen und neuen Medikamente breit in der Presse diskutiert. Bei einigen
Medikamenten konnte in keiner Studie ein messbarer Nutzen nachgewiesen werden –
manchmal überwogen sogar die Nebenwirkungen. Hierzu gehören (Hydroxy)Chloroquin,
Colchicin, Ivermectin, Anakinra sowie einige Virostatika
(„Anti-Virus“-Medikamente) wie Lopinavir/Ritonavir.
Bitte beachten Sie: In den sozialen Medien kursieren Therapieempfehlungen, die
nicht wissenschaftlich belegt sind. Bitte prüfen Sie die Glaubwürdigkeit Ihrer
Informationsquelle.
Für weitere Informationen zu diesem Thema empfehlen wir die Corona-Themenseite der Bundeszentrale für politische Bildung, den Podcast der Bundeszentrale für politische Bildung sowie die Informationsseite der Bundesregierung zu Verschwörungstheorien im
Zusammenhang mit dem Corona-Virus.