Zentralklinik Bad Berka setzt auf papierlose Patientenaufnahme
Die Zentralklinik Bad Berka hat mit der Einführung einer komplett digitalen Patientenaufnahme einen wegweisenden Schritt in eine smartere Zukunft gemacht. Patient*innen können ihre Aufnahme an einem digitalen Endgerät durchführen, entweder am Empfang oder direkt am Bett zusammen mit einer Fachkraft. Alle Informationen werden zentral gespeichert und sind jederzeit digital abrufbar, sodass Papier nicht mehr nötig ist. Diese gemeinsam mit Thieme Compliance verwirklichte Innovation optimiert den Workflow spürbar.
Welche Herausforderungen brachte die Umstellung auf die papierlose Patientenaufnahme mit sich? Wie profitieren Personal und Patient*innen davon? Was sind die gemeinsamen Zukunftspläne der RHÖN-KLINIKUM IT-Service GmbH und Thieme Compliance? Diese und weitere Fragen beantworten im Interview Christoph Müßig und Frank Ziegler, Commercial Product Manager bzw. Sales Solution Manager bei Thieme Compliance, sowie Julian Schäfer, Teamleiter Medizinische Fachsysteme & eHealth bei der RHÖN-KLINIKUM IT-Service GmbH, und Philipp Hofmann, IT-Projekt- und Applikationsbetreuer Medizinische Fachsysteme & eHealth bei der RHÖN-KLINIKUM IT-Service GmbH.
Herr Schäfer, was war ausschlaggebend dafür, gemeinsam mit Thieme Compliance eine vollständig digitale Patientenaufnahme in der Zentralklinik Bad Berka, die zum Verbund der RHÖN-KLINIKUM AG gehört, umzusetzen?
Schäfer: Wir pflegen schon seit einigen Jahren eine Entwicklungspartnerschaft mit Thieme Compliance. Anfang 2023 haben wir erfolgreich die papierlose Patientenaufnahme am Klinikum Frankfurt (Oder) umgesetzt. Unser Ziel besteht darin, alle RHÖN-KLINIKUM-Standorte gemeinsam mit Thieme Compliance weiter zu digitalisieren. Daher war die Entscheidung naheliegend.
Wie hat das Klinikpersonal auf die Entscheidung reagiert, die Patientenaufnahme papierfrei zu gestalten?
Hofmann: Anfangs gab es natürlich Skepsis, wie bei jeder Veränderung. Bedenken drehten sich vor allem darum, dass die neuen Prozesse mehr Zeit in Anspruch nehmen könnten. Constanze Mayrhofer, die Leiterin der Patientenaufnahme in Bad Berka, hat allerdings die Mitarbeiter*innen hervorragend eingebunden und motiviert. Sie hat betont, dass die neue IT-Lösung auch für Personal und Patient*innen mit geringer digitaler Erfahrung problemlos zu bedienen ist. So schwanden die anfänglichen Zweifel rasch.
Was waren die größten Herausforderungen bei der Integration der rundum digitalen Patientenaufnahme in die bestehende IT-Infrastruktur des Klinikums?
Müßig: Eine der größten Herausforderungen bestand darin, die relevanten Datenfelder aus dem KIS korrekt in die Aufnahmeformulare der Software E-ConsentPro einzuleiten. Ziel war die automatisierte Befüllung des Aufnahmeformulars mit den bereits vorliegenden Daten. Damit entfallen eine redundante Datenerfassung und Dokumentation. Um diesen wesentlichen Mehrwert zu erreichen, haben wir uns detailliert über die Vorgehensweise ausgetauscht. Zudem spielt der Datenschutz eine zentrale Rolle. Die Sicherheitsanforderungen sind hoch. Wir mussten sicherstellen, dass zu jedem bearbeiteten Dokument im Hintergrund ein Protokoll erstellt wird, welches genau dokumentiert, wann was mit dem Dokument passiert ist, welche Schritte absolviert wurden und welcher Mitarbeitende die Dokumente bearbeitet hat. Das Protokoll ist ausschließlich für Administrator*innen einsehbar und wird nur für Notzwecke verwendet. Zusätzlich sind alle Dokumente bei E-Mail-Versand an die Patient*innen mit einer Zwei-Faktor-Authentifizierung geschützt.
Schäfer: Unterstützt durch das Content-Team von Thieme Compliance haben wir in den vergangenen sechs Monaten alle Formulare digitalisiert und inhaltlich auf unsere Klinik zugeschnitten. Unser Entwicklungsexperte Frithjof Eckhardt spielte eine entscheidende Rolle bei der Analyse der Datenfelder und der Konfiguration der Schnittstelle. Mit einer internen Mapping-Tabelle konnten wir bestimmen, welche Datenfelder wir für die Aufnahmedokumente benötigen. Ersichtlich wurde, ob die Datenfelder im KIS verfügbar sind oder speziell aufbereitet werden müssen. Schließlich haben wir erfolgreich über 30 Datenfelder wie Haus-, Einweiser-, Facharzt, Versicherer, Angehörige, Telefonnummern oder Einwilligungen importiert.
Wie war das Setting beim Piloten?
Schäfer: So wie auch jetzt beim regulären Betrieb. Bei der Patientenaufnahme nutzen wir in geschlossenen Kabinen Standmonitore sowie einen größeren öffentlichen Tresen mit liegenden 10-Zoll-Monitoren und Signaturpads. Wir entschieden uns für diese eher kleine Displaygröße im öffentlichen Bereich, damit persönliche Daten für andere Patient*innen nicht einsehbar sind. Zusätzlich setzen wir etwa für bettlägerige oder Notaufnahme-Patient*innen eine mobile Patientenaufnahme um. Das Aufnahmepersonal fragt hierbei die relevanten Punkte direkt am Patientenbett ab, erfasst die Daten direkt digital im KIS und lässt die behandelte Person zur Einwilligung am iPad unterschreiben.
Hofmann: Mit der Unterschrift werden die Dokumente in iMedOne fallbezogen archiviert. Sie stehen den Fachabteilungen und Sekretariaten im weiteren Verlauf digital zur Verfügung. Die Patient*innen bekommen die Unterlagen per E-Mail zugesandt. Ergänzend erhalten sie ein Passwort, um die mit einer Zwei-Faktor-Authentifizierung geschützten Dokumente zu öffnen. Wir geben jedem Patient*innen einen Infozettel mit, der das Verfahren mit einfachen Anweisungen erklärt.
Welche Erfahrungen haben die Patient*innen beim Piloten gemacht?
Hofmann: Sie haben den papierlosen Prozess wohlwollend angenommen – und zwar altersübergreifend. Die erste aufgenommene Patientin war über 80 Jahre alt. Sie zückte sofort ihr Smartphone, um in ihrem E-Mail-Postfach die Vertragskopien zu prüfen. Viele der aufgenommenen Personen waren bereits mit digitalen Unterschriften vertraut, sei es von Banken oder der Post. Auch für Patient*innen mit wenig digitaler Kompetenz war die neue IT-Lösung leicht handhabbar. Da alles automatisch läuft, ist der Workflow einfacher als vorher. Darüber hinaus müssen die Patient*innen keine Papierdokumente mehr mit sich herumtragen und ständig darauf achten, sie parat zu haben.
Und die Erfahrungen der Mitarbeitenden?
Schäfer: Die Mitarbeitenden waren schnell mit den neuen Abläufen vertraut und meldeten uns die Vorteile zurück, die wir uns erhofft hatten: Durch die automatisch vorbefüllten Patienten-Stammdaten und Einwilligungen reduzierte sich die Arbeitslast. Das Personal muss nichts mehr ausdrucken, scannen oder Dokumente zusammenstellen, was auch das Risiko des Verlusts von Unterlagen reduziert. Probleme wie schlechte Lesbarkeit durch Handschrift oder Gebrauchsspuren gehören nun ebenfalls der Vergangenheit an.
Lässt sich der Zeitgewinn quantifizieren?
Hofmann: Eine Zeitersparnis entsteht durch den Wegfall der Digitalisierung der Papierdokumente. Die reine Dauer der Patientenaufnahme ist nahezu vergleichbar, daher ist es schwer, den genauen Zeitgewinn zu beziffern.
Läuft der Prozess bis heute stabil?
Schäfer: Seit dem Piloten läuft der Prozess stabil und hat sich als Standard etabliert. Es gab lediglich einige kleinere Anpassungen, wie das Hinzufügen neuer Datenfelder. Die Mitarbeitenden gewöhnen sich immer besser daran, dass sie alle Handlungen digital ausführen. Je stärker dieser Automatismus greift, desto mehr Zeit wird eingespart.
Was sind die weiteren gemeinsamen Pläne?
Schäfer: Aktuell arbeiten wir daran, am RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt die papierlose Patientenaufnahme zu realisieren. Bei jeder weiteren Anpassung werden wir von den Erfahrungen profitieren, die wir in den bereits umgestellten Kliniken sammeln konnten. Die enge Zusammenarbeit mit Thieme Compliance hilft uns dabei, auf anspruchsvolle Fragen praxisgerechte Antworten zu finden.
Müßig: Zurzeit ist die RHÖN-KLINIKUM IT-Service GmbH unser engster Partner bei der Weiterentwicklung des digitalen Aufnahmeprozesses. Wir schätzen den intensiven Austausch sehr. Denn wir können unsere Produkte nur so weit vorantreiben, wie es die Kunden mit ihrer Offenheit und ihrem Engagement zulassen. Besonders die Dateneinleitung aus dem KIS und die individuelle Gestaltung der digitalen Aufnahmedokumente würde ich als Leuchtturmprojekt bezeichnen.
Ziegler: Unser Ziel ist es, mehr Self-Service in der Kommunikation zwischen Klinik und Patient*innen zu ermöglichen. Wir möchten Patient*innen dazu befähigen, etliche bisher personalabhängige Kommunikationsprozesse auf einfache Weise eigenständig durchzuführen. Dafür wollen wir kundennah und agil gute Lösungen entwickeln – für die RHÖN-KLINIKUM AG und andere Partner.
Autor: Dr. André Gärisch